Wasserglas
Ersatzobjekt
»Also ich hatte überhaupt kein Zeitgefühl mehr und es kam mir wirklich vor wie eine Ewigkeit. Und irgendwie hatte ich dann halt auch die Angst, dass ich eben nicht verdurste. Also sowohl Angst zu verdursten, als auch die Angst, nicht verdursten zu können, sondern auf immer und ewig in dieser Situation gefangen zu sein. Es ist halt absolute Ohnmacht. Du bist komplett ausgeliefert. Wenn du den Leuten vertraust, dann mag das noch irgendwie gehen. Aber wenn dieses Vertrauen nicht da ist …«
- Zitat
- »Also ich hatte überhaupt kein Zeitgefühl mehr und es kam mir wirklich vor wie eine Ewigkeit. Und irgendwie hatte ich dann halt auch die Angst, dass ich eben nicht verdurste. Also sowohl Angst zu verdursten, als auch die Angst, nicht verdursten zu können, sondern auf immer und ewig in dieser Situation gefangen zu sein. Es ist halt absolute Ohnmacht. Du bist komplett ausgeliefert. Wenn du den Leuten vertraust, dann mag das noch irgendwie gehen. Aber wenn dieses Vertrauen nicht da ist …«
- Ding-Geschichte (»plot«)
- Niklas war für einen Arbeitsaufenthalt in einer fremden Stadt. Er hatte unerklärliche, verstörende Wahrnehmungen. Nachdem er sich auch noch versehentlich ausgesperrt hatte, irrte Niklas eine Nacht lang hungrig und frierend durch die Straßen. Menschen, die er um Essen und Kleidung bat, wandten sich ab. Zunehmend desorientiert, landete Niklas schließlich in der Psychiatrie. Als er dort den Gang entlang rannte, wurde er von mehreren Pflegepersonen festgehalten und auf ein Fixierbett geschnallt. Da lag er mehr als 18 Stunden. Er hatte großen Durst. Ein Wasserglas stand in (scheinbar) greifbarer Nähe auf dem Nachttisch, es zu erreichen war wegen der Fixierung aber unmöglich. Das Personal ließ sich sehr lange nicht blicken. Eine Mitpatientin weigerte sich beim Trinken zu helfen. Da wuchs seine Angst, mit einem Wasserglas vor den Augen zu verdursten.
- Zum Kontext Person
- Niklas war später daran beteiligt, Schulungen für psychiatrisches Personal zu entwickeln. Ziel war es, Zwangsmaßnahmen zu vermeiden, unter anderem, indem das Personal lernt, sich besser in Betroffene hineinzuversetzen.
- Zum Kontext Forschung
- Niklas und die Interviewerin sprachen darüber, wie das Gefühl der Ohnmacht und des Ausgeliefertseins durch die Fixierung in dem kurzen Museums-Text nachvollziehbar gemacht werden könnte. Sie fanden keine befriedigende Antwort, aber hoffen, dass das Wasserglas wie ein Kristallisationspunkt wirken und zum Einfühlen und Nachdenken motivieren kann.