Kassette mit Beschlüssen
authentisches Objekt
»Ich habe verschiedene Beschlüsse aufgehoben. Ich habe die auch zugestellt bekommen in die Psychiatrie. Da werden dir ja die Grundrechte genommen, auch das Grundrecht auf das Briefgeheimnis. Diesen Brief dann da zu öffnen, zu sehen, wie er kontrolliert wird, obwohl ein offizieller Brief vom Amtsgericht sicherlich keine Rasierklinge enthält, das ist schon ein krasses Ritual, ist auch erniedrigend. Heute haben diese Beschlüsse für mich eine krasse symbolische Wirkung.«
- Zitat
- »Ich habe verschiedene Beschlüsse aufgehoben. Ich habe die auch zugestellt bekommen in die Psychiatrie. Da werden dir ja die Grundrechte genommen, auch das Grundrecht auf das Briefgeheimnis. Diesen Brief dann da zu öffnen, zu sehen, wie er kontrolliert wird, obwohl ein offizieller Brief vom Amtsgericht sicherlich keine Rasierklinge enthält, das ist schon ein krasses Ritual, ist auch erniedrigend. Heute haben diese Beschlüsse für mich eine krasse symbolische Wirkung.«
- Ding-Geschichte (»plot«)
- Lukas kam als 13-Jähriger nach einem Suizid-Versuch in die Psychiatrie – erst freiwillig, bald jedoch landete er auf der Geschlossenen, und erlebte mehrere Wechsel zwischen offener und geschlossener Station. Für insgesamt 6 Wochen wurde er jede Nacht am Fixierbett festgebunden. Zwangsbehandlung und Fixierungen waren durch richterlichen Beschluss angeordnet. Die Gerichtsbriefe las Lukas im Beisein des Personals. Den Hinweis auf die Möglichkeit zum Widerspruch am Ende des Briefes griff er auf, ließ sich Papier und Stift geben und verfasste einen solchen Widerspruch vor den Augen des Personals. Dabei wusste er, dass er damit wenig erreichen konnte. Die Briefe mit den gerichtlichen Beschlüssen – circa ein Dutzend – bewahrt Lukas heute in einem Safe auf, zusammen mit seiner Patientenverfügung. Manchmal nimmt er den Stapel Papier heraus, und schaut sich die Unterlagen an.
- Zum Kontext Person
- Lukas' Aufenthalt in der Psychiatrie endete nach mehr als 9 Monaten, als er während eines Ausgangs abhaute. Das Konzept Hilfe lehnt Lukas auf Grund der damals gewonnenen Einsicht ab: Jemand, der helfen will, tut nicht unbedingt etwas Gutes für die Betroffenen.
- Zum Kontext Forschung
- Das Thema Ding-Bedeutungen stand nicht im Zentrum, als Lukas sich für ein Interview meldete, sondern der Wunsch, über die Psychiatrie-Erfahrung zu sprechen und die Betroffenenperspektive in der Forschung zu stärken.