Medizingläschen
Ersatzobjekt
»Ich habe denen was weggenommen, weil die mir so viel weggenommen haben, von meiner Würde, von meinem Selbstwertgefühl. Mein Selbstwertgefühl war schon vorher nicht groß, aber als ich entlassen wurde, war da gar nichts mehr da.«
- Zitat
- »Ich habe denen was weggenommen, weil die mir so viel weggenommen haben, von meiner Würde, von meinem Selbstwertgefühl. Mein Selbstwertgefühl war schon vorher nicht groß, aber als ich entlassen wurde, war da gar nichts mehr da.«
- Ding-Geschichte (»plot«)
- Monatelang durfte Jan die Klinik nicht verlassen. Täglich dreimal gab es in einem Gläschen Tabletten. Personal passte auf, dass sie geschluckt wurden. Als Jan über Weihnachten nach Hause durfte, zählte er: es waren 56 Tabletten pro Tag. Unter deren Wirkung war Jan kaum fähig, etwas zu tun. Als er später übers Wochenende nach Hause fuhr, nahm er heimlich eines der Medizingläschen mit. Er trinkt zwar im Allgemeinen wenig Alkohol, schätzt aber aus besonderem Anlass ein ›geistreiches Getränk‹. Mit dem Medizinglas ließ sich dieses gut ›dosieren‹. Später ging es zu Bruch.
- Zum Kontext Person
- Jan liegt es eigentlich fern, etwas zu klauen. Im Interview erinnerte er sich allerdings an eine zweite Gelegenheit: Als Studierende in der DDR musste er in der Großküche eines Zivilverteidigungslagers arbeiten. Alle derart Zwangsverpflichteten nahmen etwas von dort mit. Jan steckte drei bunte formschöne Plasteteller ein.
- Zum Kontext Forschung
- Das Thema »Aus der Psychiatrie geklaute Dinge« war eine der Initial-Zündungen für das Projekt insgesamt. Tatsächlich kamen mehrere Ding-Geschichten geklauter Objekte zur Sprache. Auf verschiedene Weise spielte dabei immer auch Selbstbehauptung eine Rolle.