Medizingläschen
Ersatzobjekt
»Ich habe denen was weggenommen, weil die mir so viel weggenommen haben, von meiner Würde, von meinem Selbstwertgefühl. Mein Selbstwertgefühl war schon vorher nicht groß, aber als ich entlassen wurde, war da gar nichts mehr da.«
- Zitat
- »Ich habe denen was weggenommen, weil die mir so viel weggenommen haben, von meiner Würde, von meinem Selbstwertgefühl. Mein Selbstwertgefühl war schon vorher nicht groß, aber als ich entlassen wurde, war da gar nichts mehr da.«
- Ding-Geschichte (»plot«)
- Monatelang durfte Lea die Klinik nicht verlassen. Täglich dreimal gab es in einem Gläschen Tabletten. Personal passte auf, dass sie geschluckt wurden. Als Lea über Weihnachten nach Hause durfte, zählte sie: es waren 56 Tabletten pro Tag. Unter deren Wirkung war Lea kaum fähig, etwas zu tun. Als sie später übers Wochenende nach Hause fuhr, nahm sie heimlich eines der Medizingläschen mit. Sie trinkt zwar im Allgemeinen wenig Alkohol, schätzt aber aus besonderem Anlass ein ›geistreiches Getränk‹. Mit dem Medizinglas ließ sich dieses gut ›dosieren‹. Später ging es zu Bruch.
- Zum Kontext Person
- Lea liegt es eigentlich fern, etwas zu klauen. Im Interview erinnerte sie sich allerdings an eine zweite Gelegenheit: Als Studierende in der DDR musste sie in der Großküche eines Zivilverteidigungslagers arbeiten. Alle derart Zwangsverpflichteten nahmen etwas von dort mit. Lea steckte drei bunte formschöne Plasteteller ein.
- Zum Kontext Forschung
- Das Thema »Aus der Psychiatrie geklaute Dinge« war eine der Initial-Zündungen für das Projekt insgesamt. Tatsächlich kamen mehrere Ding-Geschichten geklauter Objekte zur Sprache. Auf verschiedene Weise spielte dabei immer auch Selbstbehauptung eine Rolle.